European Commission
Directorate-General for Energy and Transport
TEN-E Revision
Office: DM 24 7/16
Contact person: Martine Genoux-Stawiarski, Tel.: 0032-2-295.48.63
B - 1049 Brussels
Belgium

Betrifft:
Stellungnahme zur Verbindungsleitung Lienz (AT)-Cordignano (IT) - Ausbau auf 380 KV und gegen deren Eintragung in die transeuropäischen Netze der Europäischen Union.

Sehr geehrte Damen und Herren !

Die Europäische Kommission gibt Interessenvertretern und interessierten Gruppen die Gelegenheit zu Stellungnahmen bezüglich der TEN-E-Revision. Deshalb möchten wir Ihnen die Stellungnahme der Osttiroler Bürgerinitiativen
Arge Stop Transit , Kulturinitiative Gegenverkehr Lienz , Alpenverein Sektion Lienz, Verein Trikont , Bürgerinitiative Kinigat-Kartitsch, Frauen gegen Transit, Aktion Umweltgespräche, Verein Lebenswertes Pustertal
zum geplanten 380-KV-Ausbau der Verbindungsleitung Lienz (AT)-Cordignano (IT) übermitteln.

Dabei beziehen wir uns auf die ENTSCHEIDUNG Nr.1229/2003/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26.Juni 2003 über eine Reihe von Leitlinien betreffend die transeuropäischen Netze im Energiebereich:
"(8) Die Bewertung der in Absatz 1 Buchstabe c) genannten wirtschaftlichen Lebensfähigkeit stützt sich auf eine Kosten-/Nutzen-Analyse,die auch mittel-und/oder langfristig alle Kosten und jeden Nutzen berücksichtigt, die mit Umweltaspekten, der Versorgungssicherheit und dem Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zusammenhängen."

Aus folgenden Gründen lehnen wir den 380-KV-Ausbau ab:

1. Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit durch elektromagnetische Felder

Lienz 380-KV-Leitung Verstärkung des ELEKTROSMOGs: gesundheitliche Schäden von Anwohnern sind nicht auszuschließen, die erst Jahre später sichtbar werden. (Anmerkung 6)

"Heute ist sich die Wissenschaft weitgehend einig, dass Magnetfelder möglicherweise krebserregend sind, und zwar bereits ab Dauerbelastungen von 0,4 MikroTesla." (Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft; Anmerkung 1)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft niederfrequente elektromagnetische Felder mittlerweile als "möglicherweise krebserregend" ein. (Anmerkung 2)

Schon die bestehende 380-KV-Leitung führt rücksichtslos an Wohngebieten vorbei. Mit einem Ausbau der Strecke Lienz-Cordignano würde sich die Belastung durch elektromagnetische Felder weiter erhöhen.

Schon jetzt gibt es LÄRMBELÄSTIGUNGEN an der bestehenden 380-KV-Trasse in Osttirol: bei Feuchtigkeit stark störendes Knistern, bei Regen starkes 50Hz-Brummen.

2. Beeinträchtigung der WIRTSCHAFT und der LANDSCHAFT

Eine 380-KV-Leitung bringt eine Verschandelung des Landschaftsbildes. Dies beeinträchtigt den Tourismus, der sich in Osttirol auf die noch weitgehend intakte Natur stützt und ein wichtiger Wirtschaftszweig ist.

3. Energiepolitische Gesichtspunkte

Der Ausbau der Hochspannungsleitung auf 380 KV ist auch energiepolitisch ein Fehler: Er widerspricht den Grundsätzen einer REGIONALEN ENERGIEVERSORGUNG. Er würde damit Bestrebungen unterlaufen, wie sie durch die Stromerzeugung im Biomasseheizkraftwerk Lienz unternommen werden. Er widerspricht einer Versorgungssicherung durch dezentrale Energie-Erzeugung.

Er widerspricht dem sparsamen, umweltschonenden Umgang mit Energie.

Je weiter der Strom transportiert wird, desto höher sind die Energieverluste

Dagegen würde dieser Leitungsneubau den Transport von Atomstrom fördern.

Die Leitung ist für die Versorgung Österreichs nicht erforderlich. (Österreich-Erzeugung: Jahr 2001 ca. 62 Terra-Watt, Verbrauch ca. 52 Terra-Watt, also 10 Terra-Watt Reserve.)

4. raumordnerische Gesichtspunkte

Der Flächenverbrauch einer 380-KV-Leitung widerspricht einer sinnvollen RAUMORDNUNG. Nur 7 Prozent der Fläche Osttirols sind dauerbesiedelbarer Raum.

5. Gefährdung von Vögeln

Allein in Deutschland sterben jährlich mehrere Tausend Vögel durch Stromschlag und Leitungsanflug. (Anmerkung 3, Anmerkung 4)

6. Beeinträchtigung der Pflanzenwelt

"Neben der optischen Belastung wird die Umweltbelastung v.a. durch die indirekte Flächeninanspruchnahme und die damit verbundenen landschaftlichen und ökologischen Stör- und Zerschneidefunktionen verursacht.
Hinzu kommt eine starke Bodenbelastung durch Zink im Bereich des Mastfußes, weil dort der vom Regen abgewaschene zinkhaltige Grundierungsanstrich eingetragen wird. Die Bildung von Ozon an den Hochspannungsleitungen scheint zum Waldsterben beizutragen." (Anmerkung 4)

Hochspannungsleitungen bremsen Wachstum von Weizen: zu diesem Ergebnis kommen österreichische Wissenschaftler in einer Feldstudie, die sie im Fachmagazin "Bioelectromagnetics" veröffentlicht haben. (Anmerkung 5)

Daher ersuchen wir die Europäische Kommission eindringlich, vom Ausbau der 380-KV-Leitung Lienz-Cordignano Abstand zu nehmen, diese Leitung aus den transeuropäischen Netzen zu streichen und auch keine EU-Förderungs- und Kreditmittel dafür bereitzustellen.


Anmerkung 1:
"Seit über 20 Jahren besteht der Verdacht, dass Magnetfelder der Stromversorgung ein Risikofaktor für Leukämie bei Kindern sind. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dazu waren lange Zeit uneinheitlich und liessen keinen klaren Schluss zu. Im Sinn der Vorsorge hatte der Bundesrat auch für diese Magnetfelder in der NIS-Verordnung von Ende 1999 einen Anlagegrenzwert festgelegt. Er beträgt 1 MikroTesla, dies entspricht einem Hundertstel des Wärmegrenzwertes der WHO. Heute, nicht einmal 2 Jahre nach Erlass der NISV, ist sich die Wissenschaft weitgehend einig, dass Magnetfelder möglicherweise krebserregend sind, und zwar bereits ab Dauerbelastungen von 0.4 MikroTesla. Die Verdachtsmomente haben sich somit bestätigt. Die Schweiz war daher gut beraten, frühzeitig vorgesorgt zu haben."
(Vortrag Dr. Philippe Roch, Direktor BUWAL Fachtagung SICTA 25. September 2001,
www.umwelt-schweiz.ch/imperia/md/content/buwalcontent/folder/010925sicta/4.pdf )

Anmerkung 2:
WHO stuft niederfrequente elektromagnetische Felder mittlerweile als "möglicherweise krebserregend" ein:
"Im Juni 2001 überprüfte eine Arbeitsgruppe wissenschaftlicher Experten die IARC Studien über die Kanzerogenität (krebserzeugende Wirkung) von statischen und niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern. Anhand der Standardklassifizierung der IARC, die an Menschen und Tieren sowie in Laborversuchen festgestellte Befunde abwägt, wurden niederfrequente magnetische Felder aufgrund von epidemiologischen Studien über Kinderleukämie als möglicherweise krebserregend für Menschen eingestuft."
www.who.int/docstore/peh-emf/publications/facts_press/gfact/gfs263.htm

Anmerkung 3:
"Von Freileitungen gehen verschiedene Gefährdungen für die Avifauna aus. Allein in Deutschland sterben jährlich mehrere Tausend Vögel durch Stromschlag und Leitungsanflug. Für einige Vogelgruppen werden Verlustzahlen aufgeführt, in Rast- und Durchzugsgebieten verunglücken bis zu 700 Vögel pro Jahr und Leitungskilometer."
(Schumacher, A. (2002): Die Berücksichtigung des Vogelschutzes an Energiefreileitungen im novellierten Bundesnaturschutzgesetz. Naturschutz in Recht und Praxis - online 1: 2-12,
www.naturschutzrecht.net/online-zeitschrift/NRPO_Heft1.pdf )

Anmerkung 4:
Neben der optischen Belastung wird die Umweltbelastung v.a. durch die indirekte Flächeninanspruchnahme und die damit verbundenen landschaftlichen und ökologischen Stör- und Zerschneidefunktionen verursacht.
Hinzu kommt eine starke Bodenbelastung durch Zink im Bereich des Mastfußes, weil dort der vom Regen abgewaschene zinkhaltige Grundierungsanstrich eingetragen wird. Fernwandernde Vögel können durch Aufprall gegen die Leitungen getötet werden. Indirekt sind Vögel durch H. durch das Zerschneiden von Biotopen und Naturschutzgebieten betroffen (Artensterben). Die Bildung von Ozon an den H. scheint zum Waldsterben beizutragen.
www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBenergie/Hochspannungsleitung.php

Anmerkung 5:
Studie: Hochspannungsleitungen bremsen Wachstum von Weizen
Direkt unter Hochspannungsleitungen liefert Weizen im Schnitt sieben Prozent weniger Ertrag. Zu diesem Ergebnis kommen österreichische Wissenschaftler in einer Feldstudie, die sie im Fachmagazin "Bioelectromagnetics" (Band. 24, Ausg. 2) vorstellen.
Die Forscher um den Agrarwissenschaftler und Bodenkundler Gerhard Soja vom Österreichischen Forschungszentrum (ARC) in Seibersdorf hatten fünf Jahre lang Versuchsflächen mit einheitlicher Bodenqualität beobachtet. Die Flächen lagen zwischen zwei und vierzig Meter von einer 380-Kilovolt- Überlandleitung entfernt. Die Wissenschaftler untersuchten in regelmäßigen Abständen die Mikroorganismen im Boden und den Ertrag an Korn und Stroh.
Die Versuchsflächen, die den Stromleitungen und ihren elektromagnetischen Feldern am nächsten lagen, brachten im Durchschnitt sieben Prozent weniger Kornertrag als die weiter entfernten Felder. In trockenen Jahren war der Unterschied besonders stark ausgeprägt. Im Vergleich zu natürlichen Einflüssen wie dem Klima und der Bodenqualität sei die Wirkung der elektromagnetischen Felder von Stromleitungen allerdings gering, schreiben die Wissenschaftler.
www.wissenschaft.de/wissen/news/174536

Anmerkung 6:
Krebs durch Hochspannungsleitungen
Menschen, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen leben, sind laut einer britischen Studie krebsgefährdet. Demnach entspreche die Todesrate - vor allem durch Lungenkrebs bedingt -in etwa der Zahl an Verkehrstoten auf der Insel. Doch die höheren Krebsfälle befinden sich nur dort, wo der Wind von den Stromleitungen her weht.
Das Forschungsteam um http://www.bris.ac.uk/Depts/ Medphys/hr/people/Preece_A.htm " Alan Preece vom Krebsforschungs-Institut der Bristol University hatte die Krebsfälle von Menschen, die maximal 400 Meter von den Stromleitungen leben, für ganz Südwest-England statistisch ausgewertet. Laut Peerce ist das Krebsrisiko dort im Durchschnitt 29 Prozent höher als anderswo.
Da dies nur in Bereichen gilt, wo der Wind von den Hochspannungsleitungen her kommt, könnte es laut Peerce an so genannten Aerosolen liegen, die sich durch die elektrischen Felder aufladen. Diese Theorie hatte schon vorher der Physiker Denis Henshaw von der Bristol University entwickelt. Er hatte herausgefunden, dass die Stromleitungen die umgebende Luft ionisieren, was die Luftverschmutzung sehr viel gefährlicher macht. Denn die kleinen Luftpartikel werden positiv und negativ aufgeladen und mit dem Wind fortgetragen. Wenn sie dann vom Menschen eingeatmet werden, können sie sich wegen ihrer elektrischen Ladung viel leichter in der Lunge festsetzen.
www.wissenschaft.de/wissen/news/156389