alpmedia.net 16/2002 28.6.2002 | Aktuelles / Termine |
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Tunnel-Geschichten |
Mont Blanc:
Friedliche Demo, Straßenblockade und Tränengas |
alpMedia:
Am 25. Juni, dem Tag der Wiedereröffnung des Mont-Blanc-Tunnels für den Schwerverkehr, haben sich die Tunnelgegner versammelt, um den Zugang zu blockieren. Auf der italienischen Seite errichteten die Demonstranten eine Mauer aus Strohballen quer über die Strasse, um gegen die Rückkehr des Schwerverkehrs zu protestieren. Auf französischer Seite haben Bewohner des Tals von Chamonix, Vereine und Vertreter politischer Parteien aus Frankreich und der Schweiz ebenfalls den Zugang zum Tunnel blockiert. Am Ende des Abends trieben die französischen Ordnungskräfte anhand eines grossen Polizeiaufgebotes mit Hilfe von Tränengas die Demonstranten auseinander, die friedlich die Strasse besetzt hielten. Um Mitternacht konnten die ersten beiden LKW seit drei Jahren, von mehreren Polizeibussen eskortiert, den Mont-Blanc-Tunnel durchqueren. Die Tunnelgegner unterstrichen die Tatsache, dass die Unannehmlichkeiten, die der Transitverkehr in den Alpen verursacht, das Symptom eines europäi-schen Problems darstellen. Sie bekundeten ihre Solidarität mit den Anrainern anderer alpenquerender Transitachsen. Nach Meinung der Schwerverkehr-Gegner auf der Mont-Blanc-Achse muss der Güterverkehr so schnell wie möglich auf die Schiene verlegt werden, und zwar hauptsächlich durch die Verbesserung der vorhandenen Schienennetze. «Sole 24 ore», eine Zeitung der italienischen Industrie, behauptet in einem Artikel vom 17. Juni, dass der Eisenbahn-Basistunnel Lyon-Turin keine einschneidende Verminderung der LKW-Zahl auf einer Achse wie der des Fréjus mit sich bringen wird. Nach Meinung des Autors Francesco Ramella kann allein eine politische Entscheidung die wirkungsvolle Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene beschleunigen. Die Politik des europäischen Parlaments hingegen konzentriert sich weiterhin auf den Bau neuer grosser Basistunnel. Am 26. Juni hat das Parlament beschlossen, dass die grossen Infrastrukturprojekte im Rahmen des Transeuropäischen Verkehrsnetzes schneller vorangetrieben werden müssen. Wenn diese Projekte nicht innerhalb von 15 Jahren realisiert sind, wird das Budget gestrichen. Diese Entscheidung betrifft den Eisenbahntunnel Lyon-Turin ebenso wie den des Brenner, zwei der 14 Projekte des Transeuropäischen Verkehrsnetzes. Das Parlament hat ausserdem gefordert, dass auf europäischem Niveau die verschiedenen Transportmittel bei der Verteilung von Geldern in einem ausgeglichenen Verhältnis berücksichtigt werden. Der Verkehrsministerrat muss diesen Punkt noch bestätigen. |
ITE:
Tausende Menschen aus allen Alpenländern (es gab sogar einen extra aus Schottland angereisten Unterstützer) haben am 25. Juni am Fuße des Mont Blanc friedlich die Zufahrtsstraße zum Mont Blanc Tunnel blockiert und nach einem Marsch zum Tunneleingang ein kurzes Sit-in abgehalten. Nachdem die Polizei sich bereit erklärte, bis Mitternacht keine LKW durchzulassen, wurde die Blockade von den Demonstrierenden aufgehoben. Als dann um Mitternacht 2 LKW den Weg zum Mont Blanc Tunnel nahmen, setzten sich die verbleibenden etwa 150 DemonstrantInnen spontan auf die Zufahrtsstraße, um so friedlich ihrem Protest kundzutun. Noch bevor aber die von der doppelten Anzahl von Polizeiwagen begleiteten LKW überhaupt eintrafen, nahmen hunderte in Bussen angereiste Polizisten vor der friedlich sitzenden Menge Stellung und beschossen sie unvermittelt mit Tränengasgranaten. Nach Auflösung der Tränengasnebel konnte man dann zwischen den Polzeiautos und den die Straßenachsen absperrenden Ordnungshütern den völlig skurrilen Tross der von 4 Polizeibussen behüteten LKW vorbeifahren sehen. Wenig später war dann das gleiche Bild aus der anderen Richtung zu sehen. Die offiziellen Abfahrtszeiten der Einbahnregelung im Stundentakt waren dabei ganz offensichtlich zumindest vorläufig eingestellt worden. Ob dies der geballten Zurschaustellung von Polizeimacht diente, sei dahingestellt. Fest steht, dass eine Regierung, die den Einsatz von hunderten Polzisten und über einem Dutzend Polizeibussen für die Durchfahrt von etwa 10 LKW beordert und noch dazu auf friedliche, sitzende DemonstrantInnen mit Tränengas schießen lässt, die Ziele Lebensqualität und Umweltschutz wohl ans untere Ende der Prioritätenliste gesetzt hat (falls sie sich auf dieser Liste überhaupt finden). Fest steht auch, dass der friedliche Widerstand am Mont Blanc sich durch derartige Einschüchterungsversuche ganz sicher nicht unterkriegen lassen wird. Wie sagte doch vor kurzem eine Bewohnerin des Mont Blanc Tales "Wir wohnen hier 365 Tage im Jahr, 7 Tage in der Woche und 24h pro Tag. Wir haben Zeit. Und wir werden gewinnen." |
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