Die Region Friaul Julisch-Venetien/I plant den Bau einer Reihe von Hochwasserrückhaltebecken am Mittellauf des Tagliamento mit einer Gesamtfläche von 14 km2. Die Umsetzung dieser Pläne würde den Verlust einer weiten Strecke ökologisch sehr wertvoller Flusslebensräume bedeuten, darunter die typischen Auenlandschaften, die Lebensraum vieler Pflanzen- und Tierarten sind. Der Eingriff würde in grossem Maße eine Flusslandschaft beeinträchtigen, die auf europäischer Ebene als Referenzökosystem gilt.

Laut der Region sind die Rückhaltebecken unerlässlich, um die Stadt Latisana vor Hochwasser zu schützen. Obwohl die Bevölkerung der angrenzenden Gemeinden sich offen gegen das Projekt stellt, möchte die Region es so bald wie möglich verwirklichen. Umweltschützer befürchten, dass sich hinter der entschiedenen Haltung der Region andere Interessen verstecken, wie z.B. die Schottergewinnung aus den Rückhaltebecken.

Dabei fehlt es nicht an alternativen Lösungen, die auch von der planenden Behörde, der Autorità di Bacino in Venedig, unterstützt werden. Analog zu dem in ganz Europa stattfindenden Umdenkprozess im Hochwasserschutz wären am Tagliamento eine Verbreiterung des Flussquerschnitts und/oder ein Entlastungsgerinne bei Latisana wirkungsvolle und nachhaltige Massnahmen. Die Auen zu schützen bedeutet gleichzeitig, dem Fluss natürliche Rückhalteräume zu bieten und damit die Hochwassergefahr für die Siedlungen im Tal gering zu halten. Der Erhalt dieser Gebiete ist also eine der besten Lösungen auch im Hinblick auf die Hochwassersicherheit.

Seit vier Jahren werden unter Leitung der Schweizer EAWAG (Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz) wissenschaftliche Untersuchungen entlang des Tagliamento durchgeführt. Die Erkenntnisse unterstreichen nicht nur die Bedeutung dieses in den Alpen einzigartigen Ökosystems, sondern zeigen darüber hinaus die Wichtigkeit von Renaturierungsprojekten an Flüssen im gesamten Alpenraum auf.

Quellen: Region Friaul Julisch-Venetien, 04.11.02; EAWAG 04.11.02;

Infos www.eawag.ch/research_e/lim/Tagliamento/Tagliamento/Tagliamento.html (en)