12.12.2023
Presseaussendung der Initiative Stop Transit - Osttirol
Studie zum Ausbau der Plöckenpassstraße 2019:
Plöckentunnel = Transit
Ergänzende Gedanken vom 9.1.2024
Zu den Plöckentunnel-Kosten von geschätzt (meist unterschätzt) 200 - 700 Millionen € kämen durch den Verkehrsdruck erzwungen viele Hundert Millionen Euro an Folgeinvestionen auf Kärnten und Österreich zu:Ausbauten und Umfahrungen in den durchquerten Alpentälern, Umwelt- und Gesundheitskosten, Einbußen im Fremdenverkehr durch verlärmte Tourismusgebiete, massiver Bodenverbrauch, Beeinträchtigung landwirtschaftlicher Böden durch Schwermetall-Einträge.
Ähnlich wären auch das But-Tal und die dort gelegenen Ortschaften betroffen. Das Tal würde wahrscheinlich nur mehr zum schnellen Durchfahren zur Kanaltal-Autobahn benützt.Laut offizieller Aussendung des Landes Tirol für diese Regierungskonferenz Tirol-Kärnten in Lienz soll auch über "grenzüberschreitenden Verkehr" gesprochen werden, was angesichts des aktuellen Umfelds zum Thema Plöckenpass, B100-Ausbau im Oberen Drautal und in Osttirol (Südumfahrungsvariante in Sillian), großräumiger Ausbau der Pustertalerstraße in Südtirol und der bestehenden Alemagna-Staatsstraße mit Sondermitteln für die Winterolympiade in Cortina 2026, LKW-Ausweichverkehr im Zuge der geplanten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen auf der Brenner-Autobahn zu erheblichen Befürchtungen Anlass gibt, dass unsere Region mutwillig zu einem Hotspot des alpenquerenden Transitverkehrs in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung verwandelt zu werden droht.
Obwohl die Untersuchungen über die Sanierungsmöglichkeiten für die vom Felssturz betroffenen Straßenteile auf der italienischen Seite des Plöckenpasses noch nicht einmal richtig angefangen haben, wird von manchen Kreisen in Kärnten und Osttirol schon wieder über einen Plöckentunnel schwadroniert, obwohl einem solchen schon Anfang der 90-er des vorigen Jahrhunderts aufgrund heftiger Proteste in Osttirol, Oberkärnten, dem Pinzgau, St. Johann, Kitzbühel und Kufstein auch auf landespolitischer Ebene eine Absage erteilt worden ist.
2017 hat die damalige Regierung der Region Friaul-Julisch-Venetien mit der italienischen Straßenverwaltung vereinbart, die Straße zum Pass um 63 Millionen Euro auszubauen. Diesen Ausbau der Passstraße befürwortete auch der ehemalige vormalige Bürgermeister von Paluzza und jetzige Regionalrat (PD), Massimo Mentil. Auch auf österreichischer Seite wurde die Passstraße tourismusgerecht ausgebaut. Das hinderte die Nachfolgeregierung unter der Führung der Lega nicht, das Thema Plöckentunnel wieder anzufachen, weil sie eine neue alpenquerende LKW-Transitroute zwischen dem Hafen Triest und Süddeutschland und darüber hinaus eröffnen will. Der Hafen von Triest, der bis vor der kürzlich erfolgten Absage durch die Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auch Teil der neuen maritimen "chinesischen Seidenstraße" war, wird für die größten Containerschiffe, die primär über den Suez-Kanal kommen, ausgebaut und soll den nordatlantischen Häfen wie Rotterdam, Hamburg etc. Konkurrenz machen. 2019 hat der Vizepräsident des Regionalrats Stefano Mazzolini in Gesprächen mit dem nunmehrigen Kärntner LHStv. und Straßenbaureferenten Martin Gruber - der auch Lienz dabei sein soll - für einen Plöckentunnel lobbyiert.
Ende Juli 2020 verpflichtete der LEGA-dominierte Regionalrat mit einem Mehrheitsbeschluss die Regionalregierung, den Plöckentunnel und Zubringer, einen Tunnel unter dem Monte Rest und die Straße von Cimpello-Sequals-Gemona als Autobahn vierspurig auszubauen, wenn die finanziellen Mittel dafür bereitstünden (2). In dem Gemona benachbarten Tolmezzo beginnt die Plöckenpassstraße. Im neuen Carnia-Industria-Park in Tolmezzo wurde auch ein großes Logistikzentrum errichtet, mit dem - weil kein Bahnanschluss - natürlich eine neue Quelle für LKW-Transitverkehr geschaffen wurde.
2021 wurde vom Regionalrat ein Dossier veröffentlicht, wonach der Plöckentunnel und die vorgenannten Zubringer auch als Zubringer zum Baltisch-Adriatischen Korridor (von den adriatischen zu den Häfen im Baltikum) - siehe Anhang (1) - gebaut werden sollten. In einem regionalen Koordinierungsplan der Region Veneto wird der Plöckentunnel sogar als ein Ziel für den Weiterbau der Alemagna genannt (von Lorenzago mit Tunnel unter dem Mauria-Pass nach Tolmezzo). Ein Plöckentunnel würde also nicht touristischen Zwecken sondern primär der Schaffung einer neuen alpenquerenden Transitroute dienen. Sogar der ehemalige Kärntner Straßenbaureferent Gerhard Dörfler warnte in einer Landtagsrede, dass auch eine Scheiteltunnelvariante (ca. 1000 Meter Seehöhe) eine LKW-Transitroute eröffnen würde, weil auch mit dieser Tunnelvariante alle transithemmenden Spitzkehren ausgeschaltet würden.
Schon Anfang der 70-er-Jahre wurde unter dem ehemaligen Bautenminister Moser laut stenographischem Protokoll des österreichischen Parlaments der Auftrag für den B100-Ausbau mit der Auflage erteilt, dass die Trasse so zu planen sei, dass einen späterer vierspuriger Ausbau möglich sei. Laut Gutachten des beauftragten H. Illetschko sollte die B100 Teil einer Querverbindung aller Nord-Süd-Transitachsen in Österreich, aber auch einer allfälligen Alemagna darstellen. Laut Illetschko habe sich die Straßenverwaltung schon damals für den bahnparallelen Ausbau der B100 entschieden, da diese den vierspurigen Ausbau gegenüber einer ortsnahen Trasse erleichtere. Das erklärt auch, warum die Kärntner Straßenverwaltung unter dem Vorwand erhöhter Kosten die bereits baureife ortsnahe Umfahrung von Greifenburg plötzlich zurückzog und sich auf die bahnparallele Trassenführung versteifte. Obwohl Österreich das UNECE-AGR-Genf-1975-Abkommen "Hauptstraßen des internationalen Verkehrs" nicht ratifiziert hat und damit nicht zur Einhaltung verpflichtet ist, wird die Strecke im Drau- und Pustertal als Teil der Europastraße E66 nach den Ausbaukriterien für solche zweiziffrige Europastraßen ausgebaut, übererfüllen diese Kriterien teilweise sogar.
Der bei der Regierungskonferenz in Lienz offenbar ebenfalls anwesende LHStv. Martin Gruber versucht sich unter dem Motto "Straßenbauoffensive, Standortsicherung, Kärnten als europäische Logistik-Drehscheibe" zu profilieren, was für Oberkärnten, Osttirol und das benachbarte Südtiroler Pustertal und die Felbertauernroute nichts Gutes bedeutet, weil dort der Gütertransport praktisch fast nur der Straße stattfindet, ein durchgehender zweigleisiger Ausbau für die Verlagerung des transitierenden Güterverkehrs auf die Schiene zwischen Spittal/Drau und Franzensfeste nicht möglich bzw. auch nicht geplant ist. Das Rail-Cargo-Austria-Terminal der ÖBB in Fürnitz bei Villach wird immer als Beispiel für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene hochgejubelt, aber für den Vor- und Nachlauf zum Terminal in Richtung Westen, erfolgt der Transport auf der Straße, d.h. durch das Drau- und Pustertal. Eine weitere LKW-Verkehrs-Quelle für das Drau- und Pustertal ist das geplante Logististikzentrum in Federaun, ebenfalls bei Fürnitz, das aber über keinen Bahnanschluss verfügt.
Wie jüngste Untersuchungen ergaben, stieg die Durchschnittstemperatur in den Alpen weit stärker als im weltweiten Durchschnitt, die Folgen wie Hochwässer, Schneekatastrophen, Gletscher- und Waldsterben und Trockenheitsperioden immer häufiger. Lärm und Abgase wirken sich in den engen Alpentälern viel dramatischer aus als in Ebenen. An der Messstelle in Lienzer Amlacherkreuzung wurden 2022 die höchsten Konzentrationen aller Tiroler Messstellen beim besonders gesundheitsgefährlichen Feinststaub (2,5 PM) gemessen. Bedeutendste Feinststaubquelle ist mit ca. 40 Prozent der Straßenverkehr (Reifen-, Brems- und Kupplungsabrieb). Durch weiteren Straßenausbau geht auch Boden unwiederbringlich versiegelt, der nicht nur die für Landwirtschaft/Eigenversorgung benötigte Fläche immer mehr einengt sondern auch den Boden als CO2-Speicher. Der Geschäftsführer der österreichischen Hagelversicherung Dr. Weinberger wird nicht müde, wegen der Folgen des in Österreich besonders hohen Bodenverbrauchs zu warnen.
daher:
NEIN zum großräumigen Ausbau der B100! (stattdessen: kleinräumige Ortsumfahrungen bzw. Ausbau bei Greifenburg, Berg und Dellach/Drau unter weitestgehender Nutzung des Bestandes, kurzer Nordtunnel statt Transit anheizender Südumfahrungsvariante in Sillian)
Zitate und Anhänge:
(1) Trasse des Baltisch-Adriatischen Korridors (Plöckenstrecke mit Tunnel wäre Zubringer dazu): Ausschnitt aus einer Grafik der EU über die transeuropäischen Verkehrs-Netze (TEN-V)
2) Autonome Region Friaul-Julisch-Venetien Regionalrat:
"ORDINE DEL GIORNO n. 5 Collegato al disegno di legge n. 99 'Assestamento del bilancio per gli anni 2020-2022 ai sensi dell’articolo 6 della legge regionale 10 novembre 2015, n. 26'
Accolto dalla Giunta regionale nella seduta n. 170 del 30 luglio 2020
Oggetto: Recovery Fund: La Regione impegni il Governo a sbloccare la realizzazione delle opere infrastrutturali strategiche"
"Anpassung und Komplettierung der Autobahnverbindung A23 - A28 Cimpello-Sequals-Gemona, ..... Realisierung der Tunnel des Monte Rest und des Plöckenpasses und Verbesserung der Zubringerstraßen"
(3) Positionspapier "Transitkreuz Drau- und Pustertal?! " (2021) mit Verkehrssspinne