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Friederike D r a x l
9900 Lienz
6. Jänner 2014

Erlebnisbericht Bus Lienz-Innsbruck

ehemalige Bahnverbindung
Lienz-Innsbruck

Sehr geehrte Frau Ingrid F e l i p e
LHStv. von Tirol
Landhaus 6020 I n n s b r u c k

Sehr geehrte Frau Felipe!

Am Donnerstag, dem 2. Jänner d. J., wollten mein Mann und ich um 10.45 Uhr den sehr beworbenen Doppeldeckerbus durch das Pustertal nach Innsbruck benützen, um unsere kleine Enkelin zu ihrer Familie zurückzubringen.

  1. Überraschung: Kein Doppeldeckerbus (ihm war der Keilriemen gerissen), sondern "der Ötztaler" aus Sölden (Kennzeichen: IM OVG 11).
  2. Der sehr enge und steile Aufstieg zu dem erhöhten Passagierraum des "Ötztalers" war für mich (74 Jahre, 2 Hüftgelenksprothesen) nur sehr schwer zu bewältigen. Ist so eine Sonderausführung von Bus überhaupt für den Linienverkehr zugelassen?
  3. Die Toilette war versperrt. Der befragte Chauffeur erklärte mir, dass sie in diesem Bus im Winter nicht benützt werden könne, weil es bei diesem Clo-Modell nicht möglich wäre, dem Tankwasser ein Frostschutzmittel beizumengen. Er bat alle Passagiere, noch am Bahnhof Lienz auf die Toilette zu gehen und bot zu diesem Zwecke die nötigen 50-Cent- Münzen an. Als mein Mann dann von mir erfuhr, dass die WC-Anlage nicht funktioniere, verzichtete er auf die Reise in die Landeshauptstadt.
  4. Vor der Einfahrt in den langen Umfahrungstunnel bei Bruneck begann ein Mega-Stau. Weil jeder Fahrer annahm, dass es bald weitergehen würde und den Motor laufen ließ war das Atmen im Tunnel wegen der Abgase bald unerträglich. Endlich dem Tunnel entronnen, aber noch für gut 1 1/2 Stunden im Stau - weitaus mehr stehend als fahrend - sahen wir in kurzen Abständen 3 Garnituren der modernen Pustertal-Züge an uns vorbei Richtung Westen fahren. Für die von Ihnen und anderen Entscheidungsträgern so gepriesene Umstellung der Bahnverbindung Lienz - Innsbruck auf Busverkehr, drängte sich mir spontan die Bezeichnung "Schildbürgerstreich" auf.
  5. Da sich der Drang zur Benützung einer Toilette beim Großteil der Reisenden nicht mehr unterdrücken ließ war der Chauffeur bereit, das Clo aufzusperren und ohne Wasserspülung benützen zu lassen. Leider aber "ging ein Schieber nicht weiter", also keine Benützung! Erst in Kiens - immer noch im Stau - konnten wir zu einer Tankstelle fahren, wo alle Passagiere die Toilette stürmten.

Der Stau dauerte bis zur Auffahrt auf die Autobahn. Statt um 13.48 kam der Bus um ca. 15.43 in Innsbruck an. Dieser "Schnellbus" hatte also 5 Stunden gebraucht. Der Chauffeur entschuldigte sich bei jedem Passagier. Er war um die ihm Anvertrauten wirklich sehr bemüht gewesen. Die Umstände - die nicht benutzbare Toilette, den unvermeidlichen Stau auf einer derart stark befahrenen, großteils schmalen und sehr kurvenreichen Route - hatte er nicht beeinflussen können.

Sehr geehrte Frau Felipe, ich habe hier einen großen Bekanntenkreis, natürlich großteils Leute meiner Generation, alle diese Großeltern haben Kinder und Enkelkinder in Innsbruck. Sie selbst werden aus Ihrer Altersgruppe sicherlich wissen, wie wichtig Unterstützung und häufige Anwesenheit der Großeltern für junge, berufstätige Mütter ist. Ganz abgesehen davon, dass gerade für ältere Leute die medizinische Versorgung immer wieder Fahrten nach Innsbruck nötig macht. Die von einer funktionierenden. einigermaßen bequemen, Verbindung nach Innsbruck abhängigen Mütter mit Sack und Pack und mit kleinen Kindern, die vielen Studenten und Pendler können Sie sich sicherlich vorstellen.

Unsere Volksvertreter im Innsbrucker Landhaus werden doch diesem östlichen Restchen Tirol eine vernünftige, durchgehende Bahnverbindung in die Landeshauptstadt gönnen und organisieren können.

Vor der Wahl zum Tiroler Landtag hat ein Glaubensgrundsatz der Grünen gelautet: Schiene vor Straße.

Mit freundlichen Grüßen
Friederike Draxl

Durchschriflich an:
DI Mag. Jörg Angerer, Geschäftsführer des VVT Sterzingerstraße 3, 6020 Innsbruck

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