PAYRDORFER MANIFEST
SÜDTIROL LIEGT AN EINER DER MEISTBEFAHRENEN TRANSITROUTEN EUROPAS

Tag für Tag befahren im Durchschnitt 8.500 Lastkraftwagen die Brenner-Autobahn und befördern Jahr für Jahr rund 40 Millionen Tonnen an Gütern über diese zentrale europäische Transitroute, das sind fast 90 Tonnen pro Südtiroler. Es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass diese Menge sich bis 2015 noch einmal verdoppelt. Hinzu kommen durchschnittlich rund 20.000 Personenkraftwagen pro Tag.

Wir leben am Auspuff Europas

Diese mörderische Fahrzeugschlange stößt Tausende Tonnen von giftigen Schadstoffen aus, erzeugt Lärm und vielfältige Gefahren und schädigt die Ökosysteme an den Transitrouten auf irreparable Weise. Der Alpenraum gehört zu den sensibelsten Öko-Systemen Europas, die Schadstoff- und Lärmbelastung hat auf Grund der landschaftlichen und ökologischen Voraussetzungen wesentlich schädlichere Auswirkungen als vergleichbare Verkehrsachsen im Flachland. 

Ein großer Teil des Siedlungsgebietes unseres Landes liegt in einer lt. Aussage des zuständigen Landesamtes lufthygienisch bedenklichen Zone , in der es immer wieder zu markanten Überschreitungen der Grenzwerte bei Schadstoffen und Lärmbelastung kommt. Es ist ausgeschlossen, dass die künftig auf EU-Ebenen vorgesehenen und wesentlich niedrigeren Grenzwerte bis zu deren Inkrafttreten im Jahr 2010 in Südtirol auch nur annäherungsweise erreicht werden können.

Transit tötet

MENSCHEN STERBEN AM TRANSIT

Es gibt eindeutige Erkenntnisse aus internationalen wissenschaftlichen Studien und auf der Grundlage von Messungen an den Transitrouten, dass die Gesundheit weiter Teile der Bevölkerung, die in unmittelbarer Nähe und auch in einiger Entfernung zu den Transitrouten lebt, durch die Auswirkungen des motorisierten Verkehrs stark gefährdet ist. Es ist davon auszugehen, dass an den Transitrouten erhöhte Mortalitäts- und Hospitalisierungsraten, sowie viele chronische Erkrankungen auftreten, die auf die Schadstoff- und Lärmbelastung zurückzuführen sind.

Rechnet man die Ergebnisse der Schweizer Studien auf Südtirol um, sterben Jahr für Jahr in unserem Land neben 80 bis 100 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr, zwischen 120 und 200 Menschen frühzeitig an den Folgen der Umweltbelastung durch den motorisierten Verkehr.

DRECKSCHLEUDER NUMMER EINS - DER SCHWERVERKEHR

Es ist nachgewiesen, dass über 90% der für den Menschen und die Natur gefährlichsten Luftschadstoffe durch den Schwerverkehr erzeugt werden, der durch Steuermittel direkt und indirekt gefördert wird und der durch unsinnige Austauschprozesse und Subventionsleistungen erheblich gesteigert wird. Wir stellen die Behauptung auf, dass die transitgeplagten SüdtirolerInnen durch ihr Steuergeld die Zerstörung ihres Lebensraumes und die nachhaltige Schädigung ihrer Gesundheit teilweise selbst finanzieren.

DIE ALARMIERENDEN DATEN SIND BEKANNT

Untätigkeit ist verantwortungslos

Die politischen EntscheidungsträgerInnen auf Landes- und auf Staatsebene sind über die alarmierenden Messdaten und die Auswirkungen der Luft- und Lärmbelastung auf die an den Transitrouten lebenden Menschen informiert, geben die Informationen aber nicht weiter, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen und um zu verhindern, dass die betroffenen Bürger einschneidende Gegenmaßnahmen fordern.

Diese Haltung ist verantwortungslos und zynisch und zeugt von der mangelnden Sensibilität der politischen Entscheidungsträger gegenüber der Bevölkerung. Wir wollen nicht Panik schüren, aber die vorliegenden objektiven Daten und Erkenntnisse sind schockierend und lassen kein weiteres Hinauszögern mehr zu.

Die Bevölkerung muss sich wehren

ES IST ZEIT ZUM HANDELN

Während engagierte Vorkämpfer wie Fritz Gurgiser und das Transitforum Austria/Tirol in Nordtirol schon seit Jahren für konkrete Maßnahmen kämpfen und dafür gesorgt haben, dass die Bevölkerung sich der Gefahren des exorbitant wachsenden Transitverkehrs bewußt ist, hat sich bisher in Südtirol wenig bis gar nichts getan, obwohl Umweltgruppen und engagierte Bürger immer wieder auf die bedrohliche Situation hingewiesen haben. Diese Zurückhaltung ist beschämend. Wenn wir uns als betroffene Bevölkerung nicht wehren, werden wir sprichwörtlich überrollt und müssen immer stärker unter den gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Alpentransits leiden.

DER BRENNERBASISTUNNEL GARANTIERT KEINE LÖSUNG

Die Situation wird angesichts bevorstehender Entscheidungen zum Bau des Brenner-Basistunnels noch dramatischer, da alles darauf hindeutet, dass es sich dabei im Sinne der transitgeplagten SüdtirolerInnen um eine gigantische Fehlplanung handelt, die auf Jahrzehnte hinaus alle Infrastrukturmittel binden wird.

Brenner-Basistunnel mit falschem Konzept

Die Verkehrsprobleme auf der Brennerachse verlangen nach kurzfristigen Maßnahmen, die umgehend greifen. Die Bahnlinie bietet heute schon ungenutzte Kapazitäten, die durch organisatorische Eingriffe noch gesteigert werden können. Der Verweis auf den Brenner-Basistunnel darf nicht länger als Vorwand für die heutige Untätigkeit dienen. Es ist aber auch klar, dass die erhöhte Lärmbelastung durch den steigenden Zugverkehr der Bevölkerung an den Transitrouten nicht mehr länger zugemutet werden kann.

Die bisher vorgelegten Projekte zum Brenner-Basistunnel und zu seinen Zulaufstrecken bieten keinerlei Garantie dafür, dass dieses Großprojekt die Verkehrsprobleme entlang der Brennerachse auch tatsächlich lösen kann. Die Planungsgruppe geht offensichtlich davon aus, dass man nur den bis zur Inbetriebnahme des Basistunnels entstehenden Güterzuwachs auf die Bahn verlagern können wird, während der Güterverkehr auf der Autobahn auch nach Bau des Basistunnels nicht abnehmen wird.

Wenn nun also Milliarden Euro in ein Großprojekt gesteckt werden sollen, das in vielerlei Hinsicht problematisch ist, muss vorher ein organisatorisches, logistisches und normatives Konzept vorgelegt werden, das mit Inbetriebnahme der neuen Brennerbahn die vollständige Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene garantiert. Die Infrastrukturentscheidungen sind von diesem Konzept abzuleiten, nicht umgekehrt. Ansonsten ist ein derartiges Vorhaben weder verkehrs- und umweltpolitisch noch finanziell vertretbar.

Darüber hinaus müssen die enormen Belastungen in der Bauphase einer gesonderten Betrachtung unterzogen werden. 

Generell sind die mit dem Schienengüterverkehr zusammenhängenden Probleme heute vorwiegend organisatorischer, politischer und finanzieller Natur. Es ist nicht glaubwürdig, neue Großinfrastrukturen zu versprechen, während man offensichtlich außer Stande ist, das heutige Potenzial des Schienennetzes zu nützen.

Wir müssen folglich davon ausgehen, dass bei Beibehaltung des aktuellen Brenner-Basistunnel-Konzepts die sehr häufig die Grenzwerte überschreitende Schadstoffbelastung an den Brenner-Transitrouten nicht einschneidend reduziert werden kann und dass der Basistunnel in seiner aktuellen Konzeption lediglich ein prestigeträchtiges und profitables Mega-Vorhaben für Konzerne und Banken ist. Dies kann von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden.

SUCHE NACH ALTERNATIVEN KONZEPTEN

Die Transitinitiative will im Einvernehmen mit möglichst allen Interessengruppen unmittelbar wirksame Maßnahmen vorschlagen und durchsetzen und mittelfristig alternative Ansätze und Lösungen unterstützen und zu einer breiten Diskussion verhelfen. Die Transitinitiative sieht einen visionären Ansatz in der Überlegung, europaweit Personen- und Gütertransporte zu entflechten und prioritär die Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Ein Tourismusland wie Südtirol kann es sich nicht leisten, dass das Land für Millionen von Reisenden nur ein schwarzes Loch ist.

DIE ROLLE DER TRANSITINITIATIVE SÜDTIROL - SUDTIROLO

Die Transitinitiative versteht sich als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Interessengruppen und der transitgeplagten Bevölkerung und stellt sich auf deren Seite. Dabei wird ein konstruktives Vorgehen und der Dialog mit allen dazu bereiten Interessengruppen angestrebt und den berechtigten Interessen der regionalen Wirtschaft ein gebührender Stellenwert eingeräumt.

Die Transitinitiative will dazu beitragen, kurz-, mittel- und langfristige Lösungsansätze sowie Zukunftsvisionen aufzuzeigen, systematisch zu analysieren und in einen Zusammenhang zu bringen. Damit soll auch zur Entscheidungsfindung beigetragen werden.

Die Transitinitiative Südtirol - Sudtirolo ist sich der Bedeutung des Warenaustausches für die Wirtschaft und den Wohlstand der europäischen Bürger bewußt, will aber sicherstellen, dass die im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Auswirkungen des Transitverkehrs in seiner heutigen Form einschneidend entschärft werden und dass die Lebensqualität an den Transitrouten entscheidend verbessert wird.

Beschlossen im Fallmerayerhaus in
Payrdorf/Brixen am 28. November 2002
TRANSITINITIATIVE SÜDTIROL – SUDTIROLO
Markus Lobis , Sprecher, Brixen
Walther Dorfmann, Klausen
Sepp Kusstatscher, Villanders
Klauspeter Dissinger, Brixen
Dagmar Gnieser, Brixen
Konrad Stockner, Brixen
Elisabeth Ladinser, Eppan
Walter Harpf, Bruneck
Hanspeter Niederkofler, Bruneck
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