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Brasilien - zwischen Agrarreform und EthanolrauschTeil 3 |
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Sklavenarbeit ist auch ein Thema beim freundschaftlichen Wiedersehen mit Marina da Silva, der angesehenen Umweltministerin aus Acre, (wo wir bis 1988 gemeinsam gearbeitet haben), Sonntag abends in ihrer verhältnismäßig bescheidenen Dienstwohnung. Vor fast 30 Jahren wurden wir zu Freunden - sie kam damals aus dem Regenwald, wo sie ihr Leben als Kautschukzapferin aufgeben musste, und arbeitete als Hausmädchen, studierte am Abend und wollte Ordensschwester werden. "Chriselda und du seid mitschuldig daran, dass ich heute Politikerin und nicht Nonne bin. Euer CPT-Treffen1 über die Waldzerstörung und die Rechte der Kautschukzapfer, zu dem ihr mich eingeladen habt und wo ich den Chico Mendes kennen gelernt habe, war die Wende meines Lebens. Das werde ich nie vergessen!" Die Sklavenarbeit ist ein Erbe der kolonialen Vergangenheit und besteht weiter durch die aktuelle Form der Globalisierung, deren Kernelement die Ausbeutung der Menschen und der Natur zur Gewinnmaximierung ist. Nur wenn sich das ändert können ausbeuterische Beziehungen jeglicher Art reduziert werden, sind wir uns einig. Aus den Äußerungen Marinas entnehme ich, dass ihr manche europäische Verhandlungspartner den Eindruck vermitteln, dass sie die Existenz von Sklavenarbeit in Brasilien nur als Vorwand für die Beibehaltung protektionistischer Maßnahmen anführen und kein reales Interesse haben, zu ihrer Beendigung beizutragen. Am Vorabend ist sie von einem Ministertreffen in Schweden zur Vorbereitung der nächsten Klimakonferenz zurückgekommen und erzählt von den schwierigen Verhandlungen. Dass sie noch im Amt ist, hat sie ihrem Engagement und ihrer Glaubwürdigkeit zu verdanken, denn den mächtigen Interessen beispielsweise der Energiewirtschaft und der Gentechnik ist sie schon lange ein Dorn im Auge. Derzeit sind drei große Staudämme in Amazonien geplant und die Konzerne machen Druck, mit dem Bau zu beginnen. Straßenbauten sollen den Export von Soja und Agrotreibstoffen über den Amazonas ermöglichen, weil der Transportweg auf den meist schlechten Strassen bis zu den Häfen an der Ostküste bis 2000 km beträgt und damit kostspielig und klimaschädlich ist. Intern kämpft sie mit einem Korruptionsskandal in der Waldschutzbehörde, bei dem für illegal geschlägertes Tropenholz gefälschte Lizenzen ausgestellt wurden. Das die zierliche Frau bisher standgehalten hat ist zu bewundern, ohne sie wäre Umwelt- und Klimaschutz in dem aufstrebenden Land vermutlich noch schwieriger umzusetzen. 1 CPT - Comissão Pastoral da Terra (Kommission der Landpastoral) ist eine ökumenische Organisation zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt, die 1991 den Alternativen Nobelpreis für ihren Einsatz erhielt. |
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Brasilien - Teil 4 |