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Johann Kandler ist ein Träger des Alternativen Nobelpreises 1991: MST - Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra (Adelar Pizetta) CPT - Comissão Pastoral da Terra (Ivo Poletto, Jorge Marskell, Johann Kandler) |
Brasilien - zwischen Agrarreform und EthanolrauschTeil 1 |
Rettet den Regenwald |
"Bringt die Produktion von Agrotreibstoffen wirklich eine Lösung für die Klimakrise und eine Verbesserung für uns Arme, wie die Politiker und die Agrokonzerne behaupten?" Der brasilianische Bauer José Antonio Rosa (60) erwartet keine Antwort von mir, er glaubt solchen Versprechen schon lange nicht mehr "das ist Geschwätz, damit die Ochsen weiterschlafen" erinnert er an ein brasilianisches Sprichwort. Mit seiner Frau Eni hat er etwa 20 ha Land urbar gemacht, sie halten Rinder, Schweine und Hühner und produzieren Reis, Bohnen, Mais und andere Nahrungsmittel, die sie in der Stadt verkaufen. Gemeinsam mit 25 anderen Familien bilden sie die Ortschaft Barreirinho im Munizip Ipiranga, etwa 300 km nordwestlich von Brasilia. Seit 2 Jahren beobachten sie besorgt wie die Zuckerrohrplantagen rundherum wachsen und die Bauernhöfe einkreisen "In Brasilien kann kein Armer in Frieden leben, wenn die Reichen große Gewinne wittern" fasst er die bittere Erfahrung vieler zusammen. In den Radionachrichten dieses 18. Juni 2007 wurden Delegationen aus den USA und Verhandlungen mit der EU angekündigt, die das Produktionsprogramm für Agrotreibstoffe beschleunigen sollen. Investitionen in Milliardenhöhe werden Tausende von Arbeitsplätzen schaffen und die Exporterlöse ganz Brasilien von der Armut befreien, erklären Spezialisten. "Diese technoburrocratas wissen sehr viel und verstehen so wenig" kommentiert Dona Eni, während sie Reis und Bohnen auf den Tisch stellt, und betont den Wortteil "burro" (Maulesel) besonders. "In unserer Nachbarschaft haben bereits 6 Familien ihr Land an die usina (großes Unternehmen, das Zuckerrohrplantagen anlegt um Ethanol und Zucker zu erzeugen) verkauft oder verpachtet und sind in die Stadt gezogen. Sie haben es schon bereut, denn der Mann verdient in der usina nicht genug, um die Familie zu erhalten, aber sie können nicht mehr zurück." Für die verbliebenen Bauernfamilien wird das Leben schwieriger - "die usina bringt mit Flugzeugen Pflanzen- und Insektengifte aus, das der Wind bis in unsere Gärten treibt, wo es unser Essen, unsere Tiere und uns selbst vergiftet. Mit Planierraupen schütten sie Quellen und Bächlein zu, die für Wild und Haustiere als Tränke dienten. Fast täglich zünden sie während der mehrmonatigen Erntezeit Flächen von dutzenden Hektar an, um die trockenen scharfkantigen Blätter weg zu bringen. Dann regnet es Asche und die Wäsche, die wir mühselig mit der Hand waschen, wird noch vor dem Trocknen wieder schmutzig. Das Feuer erfasst auch geschützte Waldstücke und vernichtet die wilden Tiere, die für uns eine wichtige Fleischquelle sind. Dazu kommt noch der Staub von den Erdstraßen und Feldern, der durch die LKW´s und Traktoren aufgewirbelt wird. Allergien und Atemwegs-Erkrankungen nehmen während der Zuckerrohrernte stark zu, besonders bei den Kindern." Ihren Mut und Kampfgeist haben sie auch im Alter beibehalten "Wir haben uns der MPA (Bewegung der Kleinbauern) angeschlossen, die sich bereits in vielen Teilen Brasiliens für eine familiäre und biologische Landwirtschaft einsetzt. Nur wenn wir Bauern zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen haben wir eine Chance, uns gegen die usina zu wehren." Beim Abschied zeigen sie mir einen Berg Maiskolben hinter dem Haus: "von Monsanto und anderen Gentechnikkonzernen haben wir uns schon unabhängig gemacht und produzieren wieder unseren eigenen uralten Maissamen." |
Brasilien - Teil 2 |